StartAktuellesSchuldenatlas: Jeder zehnte Erwachsene ist überschuldet

Schuldenatlas: Jeder zehnte Erwachsene ist überschuldet

– von Tonia Haag –  Dank guter Konjunktur- und Arbeitsmarktentwicklung ist die Zahl der überschuldeten Bundesbürger in diesem Jahr gesunken. Trotzdem gilt dem „Schuldneratlas 2011“ der Wirtschaftsauskunftei Creditreform zufolge immer noch fast jeder zehnte Erwachsene in Deutschland als dermaßen verschuldet, dass er seine Verbindlichkeiten wohl nicht in absehbarer Zeit begleichen können wird. Betroffen seien weiterhin vor allem Männer, sagte Creditreform-Vorstand Helmut Rödl am Donnerstag in Düsseldorf.

Bei ihnen sei die Verschuldungsquote 2011 sogar gegen den Trend gestiegen. Viele Frauen hätten hingegen von der guten konjunkturellen Lage profitiert und sich aus der Schuldenfalle befreit, sagte Rödl. Insgesamt waren zum Stichtag 1. Oktober 6,41 Millionen Erwachsene in Deutschland überschuldet und damit 80.000 weniger als vor einem Jahr.

Besorgniserregend ist der Trend bei den Jüngeren. Mittlerweile sei mehr als jeder vierte Überschuldete jünger als 30 Jahre, sagte Rödl. Seit Erhebung der Schuldnerzahlen im Jahr 2004 sei die Zahl der überschuldeten 20- bis 29-Jährigen um 46 Prozent gestiegen. Bei den unter 20-Jährige explodierte die Zahl förmlich um 358 Prozent.

„Wenn man einmal in der Falle sitzt, ist es relativ schwierig, dort wieder rauszukommen“, mahnte Rödl und forderte, das Finanzwissen der jungen Generation zu verbessern. Dies könne zum Beispiel durch Aufklärung in den Schulen geschehen.

Zahl der älteren Überschuldeten steigt

Doch nicht nur die Situation der Jüngeren, auch die Entwicklung bei den über 70-Jährigen gibt Anlass zur Sorge. Seit 2004 habe sich die Zahl der Überschuldeten in dieser Altersgruppe um 42 Prozent erhöht, sagte Rödl. Allein im Vergleich zum vergangenen Jahr nahm die Zahl der überschuldeten Senioren um sechs Prozent zu. Als Grund nannte Rödl die zunehmende Altersarmut und steigende Kosten für die Pflege.

Die geringste Schuldnerquote aller Bundesländer weist nach wie vor Bayern auf, wo knapp 6,9 Prozent der Erwachsenen als überschuldet gelten. Baden-Württemberg schafft es trotz eines leichten Anstiegs der Quote mit 7,5 Prozent erneut auf Platz zwei, gefolgt von Sachsen mit knapp 8,3 Prozent. Schlusslicht ist Bremen, wo fast 13,5 Prozent der erwachsenen Bevölkerung überschuldet sind.

Insgesamt liegt die Verschuldung in Ostdeutschland niedriger als in Westdeutschland. Dies liege am Konsumverzicht und der vorsichtigeren Kreditnutzung im Osten, sagt Rödl.

Für die Zukunft äußerte sich der Creditrefom-Vorstand zurückhaltend. Durch immer häufigere Krisen sei bei den deutschen Verbrauchern zwar eine zunehmende Vorsicht bei Ausgaben festzustellen. Trotzdem mehrten sich die Überschuldungsrisiken. Denn zum einen trübten sich die konjunkturellen Aussichten ein, zum anderen mehrten sich atypische Arbeitsverhältnisse wie 400-Euro-Jobs oder befristete Verträge. Und auch im Wirtschaftsaufschwung eingegangene finanzielle Verpflichtungen dürften die Verbraucher in den kommenden zwei Jahren belasten, sagte Rödl.

Daten & Fakten:

– 6,41 Millionen Erwachsene in Deutschland gelten als überschuldet

– etwa zwei Drittel von ihnen sind Männer

– die höchste Schuldnerquote der Bundesländer weist Bremen mit 13,48 Prozent auf

– die niedrigste Schuldnerquote der Bundesländer hat Bayern mit 6,88 Prozent

– in Ballungsräumen sind die Schuldnerquoten im Durchschnitt deutlich höher als in ländlichen Regionen

– die Schadenssumme, die überschuldete Menschen voraussichtlich nicht zurückzahlen können, lag 2011 bei insgesamt 216 Milliarden Euro, ein Jahr zuvor waren es 223 Milliarden Euro

– überschuldete Menschen standen 2011 durchschnittlich mit 33.700 Euro in der Kreide, 2010 waren es 34.400 Euro

– als Hauptauslöser für Überschuldung gelten Arbeitslosigkeit, Scheidung oder Trennung und Krankheit

dapd.djn/toh/mwa

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