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Verbraucherschützer kritisieren Anlageberater

Mainz (ddp). Seit in der Finanzmarktkrise auch zahlreiche private Anleger den Verlust ihrer Spargroschen zu beklagen haben, stehen Anlageberater von Banken und Finanzdienstleistungsunternehmen in der Kritik. Aus Sicht der Verbraucherzentrale in Rheinland-Pfalz ist der Ärger berechtigt. «Angesichts eines riesigen Angebots und komplizierter Anlageprodukte sind nicht nur die Kunden, sondern auch viele Berater überfordert», sagte Sylvia Beckerle, Referentin für Finanzdienstleistungen bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Als Konsequenz bieten die Verbraucherschützer seit einigen Wochen selbst eine unabhängige Beratung an.

Viele Anlageberater hätten sich in der Vergangenheit zu wenig Zeit genommen, um gemeinsam mit den Kunden die Vor- und Nachteile, die Kosten, Risiken und Ertragschancen der Produkte zu erörtern, kritisiert Beckerle. Das will die Verbraucherzentrale besser machen und die Kunden detailliert über Chancen und Risiken aufklären. Außerdem bieten die Verbraucherschützer eine spezielle Beratung für jene an, die ihr Geld schon angelegt haben, sich aber aufgrund der mittlerweile eingetretenen Verluste falsch beraten fühlen. Der Andrang ist groß, wie es heißt, Termine auf Monate hin ausgebucht.

Karin Schenk, Anwältin für Wirtschafts- und Bankanrecht, berät für die Verbraucherzentrale eben jene Anleger, die in den vergangenen Monaten Geld verloren haben. «Es handelt sich dabei um ganz unterschiedlich hohe Beträge, ich hatte auch schon einen Klienten, der Geld im sechsstelligen Bereich verloren hat», berichtet sie. Viele Leute seien frustriert, in der Hauptsache handele es sich um ältere Frauen und Männer. Denn gerade die Senioren haben in der Regel viel erspartes Geld und gelten als vergleichsweise leichtgläubig.

Dass viele Anlageberater unsauber arbeiten, steht für Karin Schenk außer Frage. «Da gibt es beispielsweise einen Fall, bei dem ein Berater einem 78 Jahre alten Mann eine Anlage empfohlen hat, die eine Laufzeit von 15 Jahren hat», sagt sie. Ob der Senior zu Lebzeiten überhaupt noch davon profitieren könne, sei mehr als fraglich. Da stelle sich schon die Frage, ob eine solche Beratung Inkompetenz oder schlicht Bauernfängerei beinhalte.

Für die Geschädigten sei es oftmals schwierig, Ansprüche bei den beratenden Instituten anzumelden. So würden die Gespräche in der Regel nur zwischen dem Kunden und dem Berater geführt. Was die Beweislast vor Gericht angehe, stehe dann letztendlich Aussage gegen Aussage. Und selbst wenn sich nach langwieriger Recherche beweisen lasse, dass etwa ein Bankberater Finanzprodukte nicht korrekt beschrieben hat: Die drei Jahre dauernde Verjährungszeit sei schnell verstrichen. Am Ende könnte der Kunde womöglich trotz nachgewiesener Beratungsfehler keine Ansprüche mehr geltend machen.

Doch auch die Kunden müssten sich fragen, wieso sie Verträge unterschrieben, ohne genau über die Risiken bescheid zu wissen, sagt Verbraucherschützerin Beckerle. Das Problem: Die Berater seien oft nichts anderes als Verkäufer. Vertrauen sei deshalb «überhaupt nicht angesagt». In vielen Fällen gehe es darum, «rasch Finanzprodukte zu verkaufen».

Da die Berater nur für abgeschlossene Verträge eine Provision erhielten, stehe oftmals vor allem der schnelle Verkauf von Zertifikaten oder sonstiger Anlagen im Vordergrund. »Das ist ein Systemfehler, der ebenfalls eine Falschberatung verursachen kann«, sagt Beckerle.

Frank Rottenbacher vom Bundesverband Finanzdienstleistungen räumt ein, dass sich in der Branche fragwürdige Berater tummeln, dennoch ließen sich die Vorwürfe nicht verallgemeinern. Er gibt zu bedenken, dass ein Berater auch daran interessiert sei, dass der Kunde wiederkommt: «Daher wäre es betriebswirtschaftlicher Unsinn, nur auf kurzfristige Gewinne zu schauen.» Was die Provision angehe, stelle sich die Frage, ob die Kunden stattdessen bereit seien, selbst viel Geld für Beratung auszugeben: «Es wäre schwer vermittelbar, wenn ein Anleger 150 Euro für eine Stunde bezahlen müsste.»

ddp.djn/swo/mwo

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