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Baudenkmal: Wohnen in denkmalgeschützten Gebäuden

– von Michaela Kaebe – Berlin/Bonn (dapd). Beim Begriff „Baudenkmal“ denkt man an trotzige Burgen und prachtvolle Schlösser. Aber auch ganz „normale“ Wohnhäuser sind dabei: „Unter Denkmalschutz werden Gebäude gestellt, die eine Zeugniskraft für ihre Epoche oder die Geschichte haben“, erläutert Ursula Schirmer von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz in Bonn und diese Funktion werde nicht nur von Prachtbauten erfüllt. „Bei allen Gebäuden gilt: Je älter und seltener sie sind, desto schneller werden sie zum Denkmal. Aber die Epochen wechseln immer schneller. Wenn man zum Beispiel an die Gebäude aus der Nachkriegszeit denkt – da muss der Denkmalschutz oft schnell handeln, bevor alles wieder abgerissen ist“, betont die Expertin.

Für den Besitzer eines solchen Hauses bedeute der Status „denkmalgeschützt“ natürlich auch eine Einschränkung: „Veränderungen am Haus müssen denkmalverträglich sein“, sagt Ursula Schirmer. Das gelte aber nur für die Teile des Hauses, die unter Schutz gestellt wurden: „Oft ist nur das äußere Erscheinungsbild geschützt, manchmal sind es auch Teile des Gebäudes, zum Beispiel ein altes Treppenhaus. Dass der gesamte Innenbereich oder die Raumaufteilung unter Schutz steht, kommt bei einem normalen Wohngebäude selten vor, das betrifft eher Schlösser, wo die Zimmerfluchten ein wichtiger Faktor sind. Es hängt davon ab, was das Besondere und Bewahrenswerte an dem Objekt ist.“

Dieser Spagat zwischen Denkmalpflegeanforderungen und Wohnwünschen hat für die Berliner Architektin Petra Kahlfeldt einen ganz besonderen Reiz: „Gespräche mit Denkmalpflegern sind hochinteressant. Bauherr und Architekt erfahren viel über das Gebäude und seine Geschichte, können sich einfühlen, was dann wiederum ihre Wünsche und Pläne beeinflusst. Und der Denkmalpfleger sieht, dass da jemand ist, der das Gebäude schätzt und erhalten möchte. Es gilt, Lösungen zu finden, die dem Baurecht Genüge tun und dem Bewohner ermöglichen, in dem Haus zu leben, ohne dass das, was faszinierend ist am Gebäude, verloren geht“, sagt die Professorin für Baukonstruktion im Bestand an der Beuth Hochschule für Technik in Berlin. Sie erlebe Denkmalbehörden dabei als durchaus konsensfreudig, macht die Architektin Mut: „Denkmalschutz ist keine Quasi-Enteignung des Bauherrn.“

Zwtl: Denkmalschutzbehörden helfen und beraten

Auch Ursula Schirmer hebt die helfende Funktion der Denkmalschutzbehörde hervor: „Man kann sich hier zum Beispiel nach finanziellen Hilfen erkundigen. Es gibt eine ganze Reihe Förderprogramme des Bundes und der Länder, zum Beispiel das Förderprogramm Städtebaulicher Denkmalschutz oder spezielle Förderprogramme für den ländlichen Raum, es lohnt sich, rechtzeitig Kontakt aufzunehmen.“ Über Stiftungen und Fördervereine, die sich im Denkmalschutz engagieren, seien die zuständigen Behörden ebenfalls gut informiert.

Außerdem könne man sich dort Architekten und Handwerker empfehlen lassen, die Erfahrung mit der denkmalgeschützten Gebäuden haben. Nicht nur aus ästhetischen Gesichtspunkten sei ein „Händchen“ für alte Häuser wichtig, sagt Architektin Kahlfeldt: „Die meisten denkmalgeschützten Häuser sind austarierte Systeme, wenn man da ohne Sachverstand eingreift, kann man viel kaputt machen“, warnt sie. Schirmer kann dies bestätigen: „Früher kam es zum Beispiel oft vor, dass Fachwerk mit Dispersionsfarbe gestrichen wurde. Das ist dann von außen wunderbar pflegeleicht – und innen fängt das Holz an zu modern.“

Zwtl: Gute Energiebilanz

Aktuell würden im Bereich Wärmedämmung einige Fehler gemacht, klagt Kahlfeldt: „Die Debatte wird oft sehr einseitig geführt, ohne nach links und rechts zu schauen. Das kann dann dazu führen, dass massiv gebaute Häuser mit einer Wärmedämmung versehen werden, die sie gar nicht brauchen, denn viele Probleme hat uns ja erst unsere vermeintlich moderne Bauweise eingebracht. Aber da wird nicht nach Schwachstellen gesucht, geschweige denn auf den Charakter des Hauses Rücksicht genommen. Stattdessen schafft man neue Probleme im Inneren des Hauses.“ Die Energiebilanz alter Gebäude sei ohnehin gut.

Diesen Nachhaltigkeitsaspekt hebt auch Ursula Schirmer hervor, räumt allerdings ein: „Die gute Gesamtenergiebilanz kann den Besitzer eines Gebäudes aus den Nachkriegsjahren – denn da gibt es im Gegensatz zum ‚klassischen‘ Denkmal durchaus Probleme – natürlich nur bedingt über seine hohe Heizkostenrechnung hinwegtrösten.“ Hier gebe es aber eine Reihe von Möglichkeiten, die Gebäude besser zu isolieren. „Auch hier gilt aber, wie immer beim Baudenkmal, dass eine individuelle Lösung gefunden werden muss, dafür braucht man einen guten Architekten, gute Handwerker und einen guten Energieberater.“

Das die Baudenkmäler auf ihre Art einzigartig sind, mache aber auch ihre Anziehungskraft aus, sagt Kahlfeldt: „Die Gebäude scheinen aus der Zeit gefallen, oft sind sie ja auch für eine andere Nutzung gebaut und dadurch sehr uncharakteristisch für Wohnräume, da gibt es Deckenhöhen und Raumzuschnitte, die ungewöhnlich und dadurch extrem faszinierend sind.“ Das Gebäude als Denkmal brauche den Menschen als Gegenüber, der damit ein Stück Geschichte in unsere Zeit rette.

Bildhinweis: 060511DOK003

dapd/mka/esc

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