— von Michaela Kaebe — Oft fällt es nach dem Urlaub, bei der Rückkehr in die tagelang verschlossene Wohnung erstmals richtig auf: Es riecht komisch. Mögliche Gründe gebe es viele, sagt der Ingenieur und Baubiologe Mathias Heine aus Kreischa bei Dresden: „Gestank kann mikrobiologische oder chemische Ursachen haben.“ Zur ersten Gruppe zählten Gerüche durch Verwesung, Fäkalien, Schimmelpilze, Bakterien oder Wasserschäden, zur zweiten Ausgasungen von Farben, Lösemitteln, Lacken, Klebern und Leimen, Holzschutzmitteln oder Weichmachern.
Muffiger Geruch von Baustoffen der 50er, 60er und 70er Jahre
„Die erste Frage, die man sich stellen sollte, ist: Was hat sich in letzter Zeit verändert?“, rät Gesundheitsingeineurin Elke Bruns-Tober aus Wittingen. Renovierungsarbeiten seien eine Erklärung für fremdartige Gerüche, allerdings sollten sich diese nach sechs bis acht Wochen verflüchtigt haben: „Ist dies nicht der Fall, kann es sein, dass es zu Fehlern in der Ausführung gekommen ist.“ So könnten beispielsweise verschiedene Kleber ineinandergelaufen sein und miteinander reagiert haben.
Manche Geruchsbelästigung sei mit dem Alter des Hauses direkt in Verbindung zu bringen, sagt die Expertin: „In den 50er und 60er Jahren wurde zum Beispiel für Parkett Teerkleber verwendet, diesen teerig-muffigen Geruch riecht man heute noch.“ Noch unangenehmer könne es in Fertighäusern mit Holzständerbauweise aus den 70er Jahren riechen, in denen Holzschutzmittel wie Lindan oder Pentachlorphenol zum Einsatz gekommen seien. Würden diese Wände feucht, entstehe Chloranisol, das nicht nur die Luft mit seinem muffigen Geruch durchdringe, sondern sich unangenehmerweise auch in der Kleidung der Bewohner festsetze. Häuser aus dieser Periode seien wegen des Generationswechsels derzeit häufig auf dem Markt, warnt sie: „Der muffige Geruch wird oft dadurch erklärt, dass das Haus eine Weile leer stand – aber der geht nicht weg.“
Schimmelpilze können nach Zwiebeln oder Holz riechen
In Häusern jeden Alters kann es Feuchtigkeitsschäden und Schimmel geben. „Der muss übrigens nicht unbedingt den typischen kellerartigen Geruch haben, manchmal können Schimmelpilze auch zwieblig, etherisch, schweflig oder holzig riechen“, sagt die Ingenieurin. Leicht zu identifizieren ist offenbar kloakenartiger Geruch – er komme häufig aus Abflüssen, sagt die Gesundheitsingenieurin: „Da funktioniert oft der Geruchsverschluss am Siphon nicht mehr richtig oder die Verschlusskappen und Flanschverbindungen sind undicht.“ Eine weitere mögliche Quelle für Gestank in der Küche sei der Abtauwasserfangbehälter hinter dem Kühlschrank. Für ranzigen Geruch könnten die Filter der Abzugshaube verantwortlich sein, während ein scharfer Kunststoffgeruch durch ein durchgeschmortes Kabel verursacht sein könne. Gewaltig stinken können auch Tiere – nicht nur Kadaver, auch lebende Exemplare: Sehr intensiv sei zum Beispiel der Uringeruch von Spitzmäusen, sagt Bruns-Tober.
In anderen Fällen käme ein Laie nie auf die Ursache, weil Geruch und Quelle nicht zueinander zu passen scheinen: „Hausschwamm zum Beispiel riecht nach Waldpilzen, ein fischiger Geruch kann von nasser Glaswolle stammen.“
INFO: Vorsicht mit Raumsprays und anderen „Lufterfrischern“ – Das Umweltbundesamt rät zur Vorsicht beim Einsatz von Duftstoffen im Wohnbereich:
- Schlechte Gerüche haben eine Warnfunktion, die man nicht künstlich abstellen sollte. Besser ist es, den Ursachen nachzugehen und sie zu beseitigen.
- Nicht abwendbare, kurzfristig auftretende schlechte Gerüche verschwinden meist schnell durch ausreichendes Lüften.
- Über gesundheitliche und ökologische Wirkungen vieler Duftstoffe ist bislang zu wenig bekannt. Durch die Düfte bringt man viele verschiedene Chemikalien in die Umgebungsluft ein.
- Duftstoffe können über die Atmung in den Organismus gelangen. Die Folgen von Duftstoffen im Körper, speziell im Gehirn, sind noch weitgehend unerforscht.
- Duft- und Aromastoffe können eine mögliche Ursache von Allergien und anderen Umweltverträglichkeiten sein.
- Kinder sind durch Duft und attraktive Farben der Produkte gefährdet. Sie könnten sie für Süßigkeiten oder Limonade halten und sich vergiften.
Quelle: Dr. med. Wolfgang Straff, Umweltbundesamt.
Sachverständige gehen als Spürnasen durch das Haus
Deshalb sei das wichtigste Werkzeug des Fachmanns seine Erfahrung und seine gute Nase, meint Matthias Heime, der Sachverständiger für Gebäudeschäden ist: „Es ist eine Detektivarbeit, im wahrsten Sinne des Wortes Schnüffelei.“ Wer sich einen Sachverständigen zur Ursachenforschung ins Haus hole, sollte dieses möglichst vorher einige Tage nicht lüften, rät Heine: „Dann intensiviert sich der ganz individuelle Wohnungsgeruch. Und weil der Sachverständige, im Gegensatz zum Hausbewohner, an diesen Geruch nicht gewöhnt ist, nimmt er ihn noch intensiver wahr.“
Wer einen bestimmten Gegenstand oder Stoff im Verdacht hat, dem empfiehlt Heine den Glastest: „Wenn möglich, eine Probe davon in ein sauberes Schraubglas und das am besten zwei Tage auf die Heizung stellen – wenn man dann reinschnuppert, merkt man schnell, ob man auf der richtigen Spur ist.“ Eine andere Methode sei, ein wenig vom verdächtigen Material mit einem Feuerzeug anzusengen: „Der Geruch, der bei der Verbrennung schlagartig freigesetzt wird, wird auch langsam in den Wohnraum abgegeben.“
Den Geruch einfach, zum Beispiel durch einen neuen Anstrich, zu überdecken, könne riskant sein: „Neue Farbe kann Gestank, der unter Umständen aus einer Holzverkleidung entströmt, überdecken, die Gesundheitsgefahr aber bleibt.“
Sachverständige im Internet findet man über die Webauftritte des Verbandes der deutschen Baubiologen (baubiologie.net) oder der Arbeitsgemeinschaft ökologischer Forschungsinstitute (agoef.de)
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