StartAktuellesEnergiepolitik: Uneinigkeit zwischen Berlin und Verbündeten über Ölreserven

Energiepolitik: Uneinigkeit zwischen Berlin und Verbündeten über Ölreserven

Berlin/Paris (dapd). Zwischen Deutschland auf der einen Seite und USA und Frankreich auf der anderen zeichnet sich ein Streit über den richtigen Umgang mit ihren strategischen Ölreserven ab. Die beiden Verbündeten Deutschlands erwägen, Teile ihrer Reserven auf den Markt zu werfen, damit der Ölpreis fällt. Die Bundesregierung lehnte solche Pläne am Mittwoch ab. Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums sagte, eine Freigabe sei nur bei Lieferstörungen vorgesehen. Diese lägen nicht vor.

Unterdessen hat vor Beginn der Osterreisewelle der Benzinpreis in Deutschland wieder das Rekordniveau von 1,66 Euro pro Liter E10 erreicht. Der Preis für Nordseeöl fiel am Mittwoch um 1,2 Prozent unter 124 Dollar.

Der französische Wirtschaftsminister Eric Besson sagte, eine Anfrage zur Reserve-Freigabe sei aus den USA eingegangen, und Frankreich sei dem Vorschlag nicht abgeneigt. Regierungssprecherin Valérie Pécresse teilte mit, Frankreich warte nun auf Empfehlungen der Internationalen Energieagentur IEA. Zudem versuche Frankreich, die Ölförderländer dazu zu bringen, mehr Öl in den Markt zu pumpen, um den Preis zu senken.

FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle sagte dagegen, die Benzinpreisentwicklung sei ärgerlich, er lehnt aber staatliche Interventionen zur Preisstabilisierung ab. Die Bundesregierung habe dem Kartellamt bereits größere Befugnisse eingeräumt.

Der Bundesregierung liegt anders als Frankreich bislang keine Anfrage der USA zur Freigabe der deutschen Ölreserven vor. „Nach meinen Informationen ist eine solch offizielle Anfrage zur Freigabe der Ölreserven bei uns nicht eingetroffen“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin.

Laut einer Studie der Grünen ist der Benzinpreis in den vergangenen drei Monaten an den Tankstellen um mehr als elf Cent gestiegen. Wegen des gestiegenen Rohölpreises und des Dollarkurses wäre der Studie zufolge nur ein Anstieg um rund 6,6 Cent gerechtfertigt gewesen.

Koalition will Mineralölkonzerne stärker an die Kette legen

In Frankreich und den USA müssen sich die Präsidenten Nicolas Sarkozy und Barack Obama dieses Jahr der Wiederwahl stellen. Wirtschaftsexperten warnen bereits, die hohen Energiepreise könnten die wirtschaftliche Erholung gefährden. Weil die Bürger immer mehr für Benzin, Gas und Heizöl ausgeben müssen, fehlt ihnen Geld, mit dem sie über mehr Konsum die Nachfrage ankurbeln könnten.

Ölimportländer wie Deutschland, Frankreich und die USA unterhalten strategische Ölreserven. Das sind gigantische Tanklager und Kavernen voller Öl und Ölprodukte, die der Staat kontrolliert. Diese Vorräte sollen in einer Krise für 90 Tage die Versorgung sichern. Sie können aber auch in Zeiten hoher Preise auf den Markt geworfen werden, um die Preise zu drücken. Zuletzt hatte die Bundesregierung 2011 Teile davon freigegeben, als Libyen im Bürgerkrieg als Lieferland ausfiel.

Laut ADAC liegt der Benzinpreis wieder auf Rekordniveau. Der Dieselpreis lag dagegen mit 1,528 Euro 0,6 Cent niedriger als in der Vorwoche.

Für die kommenden Tage drohen zudem weitere Steigerungen. Die Erfahrung lehre, dass die Spritpreise vor den Ferien meist stärker zulegten, erklärte der Verkehrsclub. ADAC-Präsident Peter Meyer warnte die Mineralölkonzerne davor, dies auch in diesem Jahr zu tun. „Angesichts des aktuellen extrem hohen Preisniveaus bei Benzin und Diesel wären zusätzliche Preisaufschläge geradezu unanständig“, sagte er.

Angesichts der Rekordpreise will die schwarz-gelbe Koalition die Mineralölkonzerne stärker an die Kette legen. Wie die „Bild“-Zeitung berichtet, wollen Fachpolitiker der Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und FDP ein Konzept erarbeiten, um überhöhte Preissprünge künftig zu unterbinden. Ziel sei, die Preisschwankungen deutlich zu verringern, hieß es aus beiden Fraktionen. Zuletzt beobachtete Preisausschläge von bis zu 15 Cent am Tag soll es danach künftig nicht mehr geben.

dapd.djn/T2012032800143/rd/ti/mwo

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