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Stiftung Warentest: Banken schneiden bei Anlageberatung schlecht ab

Stiftung Warentest: Banken «blamieren» sich bei Anlageberatung – Ein Jahr nach Lehman-Pleite empfehlen viele Banken riskante Zertifikate –Von ddp.djn-Korrespondentin Tatjana Schäfer

Berlin (ddp.djn). Auch ein Jahr nach der Lehman-Pleite beraten Banken ihre Kunden weiter häufig schlecht. «Die Banken haben sich blamiert», kommentierte Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakteur der Zeitschrift «Finanztest» am Dienstag in Berlin einen Test der Zeitschrift unter 21 großen Instituten. Zahlreiche Berater hätten gesetzliche Vorschriften nicht eingehalten, den Kunden riskante Zertifikate und Fonds empfohlen oder hauptsächlich die eigene Provision im Blick gehabt.

«Verblüffend» und «erschreckend» seien die Untersuchungsergebnisse, ergänzte Tenhagen. Beispielsweise hätten viele Berater der Volksbanken den Testern Zertifikate empfohlen. «Es waren zwar nicht mehr die von Lehman, aber andere, die mindestens so kompliziert sind, wenn nicht gar riskant», erläuterte er.

Nicht ein einziges Institut habe «gut» beraten. Am besten schnitten laut Stiftung Warentest mit einem knappen «befriedigend» die Commerzbank, die Kreissparkasse Köln und die Berliner Sparkasse ab. «Mangelhaft» sei die Anlageberatung der BW Bank und der Ostsächsischen Sparkasse gewesen. Die übrigen Banken seien mit «ausreichend» bewertet worden.

«Dabei haben wir exakt nach dem Thema gefragt, dass das Denken der Kunden seit der Finanzkrise beherrscht», fügte der Experte hinzu. Die Tester hätten bei den Beratungsgesprächen angegeben, 30 000 Euro auf fünf Jahre bei einer Rendite von vier Prozent sicher anlegen zu wollen. Die eingebaute «Hürde» für die Berater habe darin bestanden, dass es zur Zeit der Tests von Juli bis September für eine sichere Geldanlage über fünf Jahre keine vier Prozent Rendite gegeben habe. Das hätten die Banker erkennen und den Kunden fragen sollen, ob ihm die Rendite oder die Sicherheit wichtiger sei.

«Ein Drittel war nicht in der Lage, den Kunden die simple Weisheit zu vermitteln, dass mehr Rendite auch mehr Risiko bedeutet und dass der Wunsch, vier Prozent Rendite zu erhalten, zurzeit unrealistisch ist», sagte Tenhagen.

Zwei Drittel der Berater hätten nicht einmal die gesetzlich vorgeschriebene Frage nach den Einkommensverhältnissen des potenziellen Kunden gestellt. Wer seine Kunden so wenige kenne, könne nicht anlegergerecht beraten, erklärte Tenhagen. Die Empfehlungen der Banker «können allenfalls zufällig passen.» Es sei verwunderlich, wie Banken mit gesetzlichen Vorschriften umgingen.

Im Grunde habe man den «Lehman-Fall eins zu eins nachgestellt», sagte Stephan Kühnlenz, Leiter der Abteilung Finanzdienstleistungen der Stiftung Warentest, und stellte fest: «Die Kunden haben wieder alles angedreht bekommen.»

Als weiteres Negativbeispiel führten die Tester die Beratung der Ostsächsischen Sparkasse an. Deren Banker hätten vor allen «an den eigenen Vorteil gedacht», als sie versucht hätten, den Testkunden private Rentenversicherungen zu verkaufen. Diese würden für fünf Jahre zwar viel Provision für den Berater, aber wenig Rendite für den Kunden bringen. Eine Sprecherin der Ostsächsischen Sparkasse sagte auf Anfrage, man nehme «solche Ergebnisse sehr ernst.» Die Bank werde den Bericht prüfen und mit den Mitarbeitern über mögliche Verbesserungen beraten.

Finanzexperte Kühnlenz hält nicht nur klarere gesetzliche Rahmenbedingungen bei der Anlageberatung für notwendig. Die Testergebnisse hätten auch gezeigt, dass die Einhaltung bestehender Gesetze besser kontrolliert werde müsse. Den Verbrauchern rät er: «Kaufen Sie nur, was Sie verstehen!»

ddp.djn/tjs/rab

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